Roadbook zur
Jahrestour des T.f.b.R.

Ostharz

Land der Schmalspurbahnen und Kirschen
19. - 22. Juni 2003

Die Route

1. Tag: Wernigerode – Brocken – Wernigerode – Blankenburg

2. Tag: Blankenburg – Ballenstedt – Selketal - Ballenstedt

3. Tag: Ballenstedt – Sandersleben

Die Teilnehmer

Bello, Chrissi, Robby, Walter


 

Die Anreise

Auf geht es zu unserer alljährlichen Dreitagestour zur Sonnenwendezeit.

Diesmal treffen wir uns in Wernigerode.

Chrissi, Rob und Bello starten in der „Villa Kurda-Köhler“.

Mit der Bahn geht es - wegen einer Baustelle in Magdeburg mit dreimal umsteigen - vom Bahnhof Friedrichstraße in den Harz.

Walter kommt per Zug, mit einmal umsteigen in Hannover, pünktlich im Altstadtkern an.

Die Berliner verspäten sich um eine Stunde. Trotzdem steht das Begrüßungsbierchen bereit. Wir freuen uns schon sehr auf uns und unsere Tour.

Wir nächtigen im „Restaurant und Pension Am Nicolaiplatz“. Wie immer Robbi und Walter im Doppelzimmer, während Bello und Chrissi einzeln wohnen. Wir haben großzügige Räume; hat Chrissi gut ausgesucht.

Gegen 22:50 Uhr füllt Robbi den roten Meldezettel wegen der Kurtaxe aus. Es ist gut, dass wir bei Heike nicht so viel getrunken haben (Heike ist übrigens unsere Wirtin). Walter stellt ihr in Aussicht, am anderen Tag um 11:00 Uhr wieder vom Brocken zurück zu sein.

Robbi und Walter müssen morgens um 04:00 Uhr wegen überlauter Straßendiskussion ihr Fenster schließen.

1. Tag

Am 20.06. erwartet uns gleich die Königsetappe mit dem Anstieg zum Brocken. Wir haben gutes Wetter, obwohl es in Berlin geregnet hat und heute in ganz Deutschland regnen soll. Beim Frühstück gibt es nur ein Thema: „Gleich rauf auf den Brocken“.

Einige lassen zwecks Gewichtsersparnis sogar ihre Radschlösser im Hotel oder verzichten darauf die lange Hose einzupacken. Jedes Gramm zählt!

Im wunderschönen Wernigerode mit dem bemerkenswerten Rathaus lassen wir uns morgens ein wenig Zeit.

Auf dem Marktplatz herscht schon reges Treiben. Wir genießen die bunte Aussicht auf die Stände.

Durch den Ort geht es bis zum Vorort Hasserode leicht bergan.

Um 10:14 Uhr beginnen wir mit dem Anstieg zur Steinernen Renne.

Es geht gleich sehr stark und gleichmäßig bergauf – teilweise 10% Steigung!

Schnell müssen wir erkennen, dass wir uns das nicht so anstrengend vorgestellt haben. Wir schieben ab und zu und die Pausen häufen sich. Robbi hat Schmerzen in der linken Wade.

Der Wind nimmt zu. Wir fürchten uns ein wenig vor der Brockenspitze, wenn uns der Wald keine Winddeckung mehr gibt. Bald sind wir mitten im Wald, zeitweise sehen wir die Gleise der Brockenbahn.

Wir bewegen uns auf astreinen, sehr trockenen Schotterwegen: manchmal kräftige, abrutschgefährliche Steine dann wieder tiefe Rinnen von früher herablaufenden Wassermassen. Trotz des zunehmenden Schiebens finden wir auch manchmal kurze Bergabstrecken.

Die etwas veraltete Karte von Chrissi führt uns nach häufigen und ausführlichen Studium stets wieder auf die richtige Strecke.

Es ist weiterhin trocken, die Vögel piepen, der Himmel weist 5/8 Blaubewölkung aus. Wir rollen auf und ab, sowie beständig höher.

Wir sind jetzt gut 10 km von Wernigerode entfernt und gönnen uns bei der „verdeckten Ilse“ – einem kleinen Flüsschen - eine Rast. Nahe 800 Höhenmeter messen wir mit Walters Spezialuhr.

Es bezieht sich ein wenig und der Wind pfeift an freien Stellen beträchtlich.

Dann kommt die 1000m-Höhenmarkierung. Und wir schieben weiter. Gelegentlich treffen wir Waldarbeiter die freundlich nicken und uns – wie wir meinen – mitleidig ansehen.

Mühsam erreichen die Brockenspitze, Mit 1142m sind wir auf dem höchsten Gipfel Norddeutschlands. Der Brocken war bis zur Wende militärische Horchstation gen Westen - das gesamte Gebiet absolutes Sperrgebiet.

Im Windschatten einer Bude haben wir erst mal einen „Ankommer“ getrunken. Es ist nicht gerade warm – „hätte ich vielleicht doch die lange Radhose eingepacken sollen?“ denkt sich mancher. Leider sind zu viele Touristen unterwegs - aber sind wir das nicht auch?.

Dann ist eine Erbsensuppe mit Wurst an der Reihe, die wir uns laut Chrissi „cool wie eine Rockband“ schmecken lassen. Leider an einem unfreundlichen Tisch, von dem wir jedoch direkt auf die Brockenbahn-Station blicken können.

Da leuchten die Augen einiger Bahnfans. Die 200 Pferdestärken starken Dampfrösser fahren als reine Adhäsionsbahnen, also ohne Zahnräder oder ähnliche Hilfsmittel. Sie fährt von Drei Annen Hohne auf den Brocken, und auch im Winter.

Wir frieren auch mit langer Radhose und fahren schnell ab. Auf der anfangs sehr welligen Straße müssen wir mächtig aufpassen. Die Abfahrt nach Schierke wird von Kilometer zu Kilometer immer besser, und wir können es laufen lassen. Bei Drei Annen Hohne machen wir Kaffeepause. Dann rollen wir weiter und sehr schnell zurück nach Wernigerode. 55,5 km/h werden als Höchstgeschwindigkeit gemessen.

Nach der Gepäckaufnahme geht es zunächst mühsam weiter: auf einen landschaftlich schönen Weg, oft im Wald mit vielen „Auf und Ab“. Teilweise benutzen wir den Harzrundweg und passieren Benzingerode, Heimburg und Oesig.

In Blankenburg erleben wir eine wellige Ortsdurchfahrt, bis wir im Quartier „Pension & Cafe Benz“ ankommen. Am Schluß müssen wir sogar noch schieben. 71,11 km hat Walter auf seinem Tacho, Robbis („braunschweiggeeicht“) etwas weniger. Die Kneipe macht keinen sehr günstigen Eindruck. Mal sehen, wie es wird.

Beim Abendessen wird ausführlich über die morgige Strecke diskutiert. Auch wenn es anders aussieht, es ging friedlich zu. Als der junge Wirt uns den Startpart erläutert, merken wir, dass unser Quartier recht hoch am Berg liegt.

2. Tag

Am 21.06. zwitschern wieder die Vögel und die Schneeballbüsche wiegen sich leicht im Wind. 3/8 Blaubewölkung und widererwartend keine Bein- oder Pobeschwerden.

Gleich zu Beginn 200 m Schieben! Und wir starten mit der Schaltstellung vorn 1 hinten 2 in eine wellige Waldpassage. Es rollt sehr gut und wir fühlen uns alle pudelwohl.

Nach etwa 6 km fassen wir in Wienrode Getränkenachschub. Walter schaut sich um und registriert: 14° C, Windstärke 3 aus See und 4/8 Blaubewölkung.

Bei der Kaffeepause in Thale bemüht sich Bello zum 2.Mal an Walters Rad die Schaltung einzustellen. Er kann am Berg nicht auf das kleinste Kettenblatt schalten.

Eine Dreiviertelstunde später gibt es am Bahnhof in Gernrode die Erbsensuppe II, natürlich wieder mit Bockwurst. Hier warten Bahnbegeisterte auf einen Dampfzug aus Berlin. Chrissi ist ein wenig langsamer in der Hoffnung, den angekündigten historischen Zug zu erleben.

Die im Bahnhof wartende Lok 99 6102-0 Baujahr 1914 wird von uns in der Zwischenzeit eingehend bestaunt. Wir sehen den Lokführer die Kohlen schaufeln und einen Zugbegleiter mit einem Lappen das „Gestänge“ putzen. Die Freaks umkreisen die Lok und zählen die Nieten.

Wir radeln weiter; wenig später hören wir den Zug aus Berlin nahen. Unsere Milane (keine roten) sind selten, werden daher ausgiebig beobachtet.

Nach 35 km in welligem Gelände erreichen wir Ballenstedt, der urkundlich bereits im Jahr 1030 zum ersten mal Mal erwähnt wird.

Im Schloßbereich bewundern wir den Miniaturnachbau des Schlosses Anhalt. Nach einer rasenden Stadtabfahrt erreichen wir den „Ratskeller“ – unser Quartier, dass Chrissi wie immer gut ausgesucht hat. Hier findet heute abend ein Klassentreffen statt.

Wir verstauen unser Gepäck auf den Zimmern und starten nach kurzer Pause im sonnigen Biergarten, die 25 bis 30 km im Mansfelder Bergland und im Tal der Selke.

Zunächst geht es wieder kräftig bergauf. Wieder über Gernrode in den Anstieg zum Ramberg.

Am Sternhaus gibt es den wohlverdienten Kaffee mit Apfel- oder Käsekuchen. Die Sonne scheint nur ab und zu, dafür geht es von nun an bergab! Zunächst eine todesmutige Waldpassage – mehr geeignet für Mountainbiker als für uns Tourenfahrer. Und wieder müssen wir stoppen: die Schranken zeigen an, dass eine Schmalspurbahn kreuzt.

Über Mägdesprung an der Burg Falkenstein vorbei und durch Opperode geht es zurück nach Ballenstedt.

An diesem Tag fuhren wir einen Durchschnitt von 13,6 km/h, haben 63,69 km hinter uns, bei einer Spitzengeschwindigkeit von 48,5 km/h. Die Kilometersumme nach zwei Tagen liegt nun bei 136,86.

Wir essen sehr gut in unserem „Ratskeller“ und unternehmen noch einen kurzen Abendspaziergang.

In der folgenden Nacht sehen sich Robbi und Walter ab 04:30 den Boxkampf Vitaly Klitschko gegen Lennox Lewis an. Es gibt einen Abbruchsieg für Lewis durch technischen K.O. Uns schien es so, als dass Klitschko zum Zeitpunkt des Abbruchs nicht schlecht lag.

3. Tag

Gutes Frühstück, kein Wind, bedeckter Himmel und vielleicht 14°C.

Es tröpfelt als wir losfahren, hört aber auch gleich wieder auf.

Wir radeln auf asphaltierten Straßen mit vielen „Harzwellen“. Nach 23 km nehmen wir bei einem Fischimbiss (aus Schleswig-Holstein) eine Kaffeepause. Wir sind wieder auf dem Harzrundweg über Wieserode, Harkerode, Alterode, Stangerode.

Nach einer langen, fast brutalen Schiebestrecke rasten wir kurz auf einem Parkplatz an der B242. Dort ist ein Motorradtreff. Junge was gibt es hier für Maschinen mit entsprechenden Mackern sowie Bräuten.

Kurz danach gibt es in Saurasen die obligatorische Erbsensuppe (am 3. Tag nacheinander). Robbi isst allerdings eine Gulaschsuppe und Walter verweigert die Nahrung.

Das Wetter hält sich, knapp 20°C, überwiegend Wolken, kein Regen. Zwischendurch sehen wir wieder Milane, einige sogar auf Heuballen sitzend.

Über Mannsfeld und einem knackigen Anstieg (!) nach Klostermannsfeld fahren wir durch ein umfangreiches Kirschengebiet. Nicht direkte Obstanpfanzungen sondern volle Kirschbäume säumen den Straßenrand. Das Foto zeigt wie wir uns bedienen. Es ergibt sich eine Art „Jungengefühl beim Kirschenklauen“.

Um 14:50 Uhr erreichen wir Sandersleben. Es ist jetzt sehr warm geworden und der Ort ist „mausetot“.

Nach einigem Suchen finden wir in der Nähe des Bahnhofes nur ein Sportlerheim. Bello wird gebeten mal vorbeizufahren. Ergebnis: geöffnet, aber ein privates Skatturnier. Die junge Wirtin nimmt jedoch unsere Bestellung entgegen. Hier klingt unsere Tour 2003 bei 1/8 Blaubewölkung und knalliger Sonne aus. 60 km sind es wieder geworden, 47,5 km/h als Spitze.


Die Rückreise

An drei Tagen haben wir 195 km abgespult.

Nun geht’s zum Bahnsteig. Uns begegnet eine junge Frau mit Kinderwagen und schlafendem Kind, das eine Nuckelflasche in der Hand hat. „Da ist Mutter sauer, wenn er nicht trinkt, und bei uns ist Mutter sauer, wenn wir trinken“ sagt Chrissi. Nach dem Abschiedstrunk kommt Walters Zug.


Er steigt in den Zug und sieht um 17:27 auf der Rückfahrt noch einmal den Brocken aus dem Zugfenster.

Die dreizehnte Fahrt des T.f.b.R ist beendet So schnell vergehen dreieinhalb (anstrengende, durstige, fröhliche, kameradschaftliche, schweißtreibende, steigungsreiche, quälende) Tage.

 

 

 

Alle freuen wir uns schon auf die vierzehnte Tour im nächsten Jahr. Dann wieder etwas flacher!?

 

Die Tour im Detail